oder Gipfelstürmer und Sonnenanbeter… Diese Titel gehen mir durch den Kopf, als wir zum zweithöchsten Gipfel der Sierra Nevada wandern. Der Reiseführer wollte uns vorgaukeln, dass wir die höchste Passstraße Europas zum Gipfelplateau mit dem Kaschdl befahren können, die ist aber für den motorisierten Verkehr gesperrt. Macht nichts, nach so viel Pflastertreten in Granada ziehen wir gerne unsere Wanderschuhe an. Unser Basislager schlagen wir in 2.500m Höhe im Skigebiet auf und marschieren los. Mal auf der Straße, lieber jedoch querfeldein über die Pisten. Wir haben schon reizvollere Landstriche erwandert – hier gibt es nur Felsen, Geröll, ein paar Grasbüschel und versprenkelte Disteln – aber die Sierra Nevada kann mit unglaublichen Ausblicken aufwarten. Kein Wunder, dass hier Observatorien der Uni stehen.
Nach ca. 900 Höhenmetern haben wir unseren ersten Dreitausender bestiegen und stehen auf dem Pico de Veleta, der Blick zur Mittelmeerküste bleibt uns jedoch verwehrt. Kurz zuvor ziehen Wolken auf, die aber an der südwestlichen Bergflanke hängen bleiben. So genießen wir den Abstieg in der Abendsonne und zurück am Kaschdl wieder einmal einen farbenprächtigen Sonnenuntergang.
Die Nacht in dieser Höhe ist Mitte Oktober kalt und sehr stürmisch und so treten wir die kurvenreiche Talfahrt in Richtung Küste an, um noch ein bisschen Badeurlaub zu machen. Die Costa de Sol empfängt uns – als wisse sie nicht, was ihr Name bedeutet – mit strömendem Regen, besinnt sich aber bald eines besseren und holt die Sonne wieder vor (hat wahrscheinlich die Berliner Wetterkarte gesehen). Wir beziehen unser Quartier auf einem kleinen, naturverbundenen Campingplatz in der Nähe von Nerja und wohnen die nächsten Tage zwischen Oleander, Avocado, Bananen und riesigen Gummibäumen.
Lange hält es mich nicht in der Hängematte, es gilt die Strände und Nerja zu erkunden. (Ehemaliges nettes Fischerdörfchen, jetzt von überwinternden Senioren und anderen Touris bevölkert. Ist auch wegen des Balcón de Europa bekannt, die Küste Nordafrikas haben wir aber nicht erkennen können.)
So schön ist der Strand nun auch wieder nicht, auf dass wir ein wenig das Hinterland erkunden wollen. Mit dem Rad fahren wir zum Naturpark der Sierras Tejeda, Almijara y Alhama zu einer wirklich spektakulären Wanderung am und vor allem im río Chillar. Gut ausgerüstet mit wasserfesten Sandalen und Wanderstöcken spazieren wir zunächst durch das breite, fast ausgetrocknete Flussbett, das sich jedoch bald verengt. Durch die vergangenen Regenfälle ist der Wasserstand gestiegen und wir waten bald durch das teils knietiefe, klare Wasser, durchqueren kleine Stromschnellen und Schluchten, die manchmal nur noch eineinhalb Meter breit sind.
Bis ich auf einem der glitschigen Steine ausrutsche, mir das Knie anschlage und so vorzeitig zum Umkehren gezwungen werde. Auch wenn das letzte Drittel der Wanderung fehlt und wir den großen Wasserfall mit Naturpool nicht sehen können, war dies ein besonderes Erlebnis.
Dann also doch sonnen am Strand…
Aber nicht jeden Tag – ist ja auch ungesund – und schnell mit dem Rad die weiteren Sehenswürdigkeiten der Gegend abgeklappert: Am Acueducto del Águila kommen wir auf unserem Weg zur Tropfsteinhöhle Cueva de Nerja vorbei, die uns mit riesigen Kammern und faszinierenden Gesteinsformationen beeindruckt. Die Höhle ist so groß, dass hier jedes Jahr ein Musikfestival stattfindet.
Nach so viel Dunkelheit finden wir einen einsamen Sonnenplatz an der Cala Barranco de Maro, zu der ein schmaler, versteckter Pfad durch einen Dschungel aus Bambus führt.
Und jetzt liege ich in der Hängematte und schreibe diese Zeilen, während mein Liebster die Räder aufs Kaschdl schnallt. Morgen werden wir in Richtung Heimat aufbrechen in der Hoffnung, auf dem langen Rückweg noch ein paar schöne Orte zu entdecken.